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Schriftliche Anfrage zur Amtshaftungsklage

Wir haben beim Justizministerium wegen der Amtshaftungsklage des LKA-Beamten Stephan S. nachgehakt. Hier geht’s zur Antwort.  
Dr. Sepp Dürr, grünes Mitglied im bereits beendeten Untersuchungsausschuss Labor: “Die Antwort des Justizministeriums zeigt, dass uneingeschränkt die alte Mauerpolitik fortgesetzt wird. Keine Spur von Einsicht oder Selbstzweifel, geschweige denn Selbstkritik. Der Verweis auf die Selbstverständnisdebatte haut dem Fass den Boden aus. Es nützt wenig bei Untergebenen Fehlerkultur einzufordern, wenn der Minister selbst nicht vorangeht. Ich fordere, dass die Minister Herrmann und Bausback die Lehren aus der Klatsche des Landgerichtes ziehen, indem sie sich offiziell bei den LKA-Beamten entschuldigen und sie damit rehabilitieren.”

 

 

Ankündigung: 7. Sitzung des Untersuchungsausschusses “Labor”

Morgen, am Dienstag, den 10.02.2015, ab 14 Uhr findet die 7. Sitzung des Untersuchungsausschusses “Labor” statt. Zunächst wird nichtöffentlich über Verfahrensfragen diskutiert. Unter anderem soll die umfangreiche Zeugenliste beschlossen werden.

Im Anschluss sind vier Zeugen geladen. Der Vertreter des Landesprüfungsamtes für Sozialversicherungen soll insbesondere erklären, wie das Amt überprüft, dass die KVB die Vorschriften bei der Abrechnung von Laborleistungen einhält.
Ein Zeuge der KVB soll darlegen, warum die KVB im kassenärztlichen Bereich “enorme Anstrengungen unternehmen musste, unbegründeten Leistungs- und Vergütungsvermehrungen wirksam entgegenzuwirken”. Die Beantwortung dieser Frage war er in der 5. Sitzung des Untersuchungsausschusses schuldig geblieben.

Die Vertreterin des Landesamtes für Finanzen, die ebenfalls bereits einmal geladen war, wird dahingehend befragt werden, ob sie tatsächlich nichts von dem Schreiben des bayerischen LKAs aus dem Jahr 2008 wusste, in dem die Beihilfestellen über das Abrechnungssystem im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen unterrichtet wurden.
Der Vertreter des Finanzministeriums, der diesen Umstand auch nicht vor dem Untersuchungsausschuss erwähnte, wird in der Sitzung Rede und Antwort stehen müssen, was er selbst von diesem Schreiben wusste und was daraufhin im Finanzministerium veranlasst oder zumindest erörtert wurde.

Denn der Abrechnungsbetrug von tausenden von Ärzten kostet auch uns Steuerzahlerinnen und Steuerzahler viel Geld. Die Finanzminister, auch Finanzminister Söder, haben hier ewig zugesehen, obwohl es immer wieder Hinweise gab beispielsweise von der Polizei oder auch vom Rechnungshof, dass hier vieles im Argen ist. Wir werden versuchen in dieser Sitzung zu klären, warum die zuständigen Behörden nichts unternommen haben.

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Bausback lässt abertausende Abrechnungsbetrüger absichtlich davonkommen

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Bayerisches Staatsministerium der Justiz 

Abertausende von Ärzten, gegen die im Jahr 2009 noch die SoKo Labor ermittelte und bei denen der Verdacht besteht, dass sie auch nach Einstellung der Ermittlungen weiter betrügerisch abrechneten, will der Justizminister ungeschoren davonkommen lassen. Dies ergibt sich aus den Antworten des Justizministeriums auf unsere jüngste Anfrage.

Besonders ärgerlich ist die Begründung, die das Justizministerium für den mangelnden Strafverfolgungseifer seiner Staatsanwälte anführt. Es ist schlicht lächerlich, hier von einem mangelnden konkreten Anfangsverdacht zu sprechen. Die Fälle waren durchermittelt und es ist höchst wahrscheinlich, dass die Ärzte nach der Einstellung des Verfahrens ihr lukratives und scheinbar legales Geschäft einfach weiterbetrieben. Nach wie vor dränge sich deshalb der Verdacht auf, dass gerade bei den Vorgängen im Umfeld des Augsburger Labordienstleisters Schottdorf irgendjemand seine schützende Hand über das System hält.

Mangelnder Verfolgungseifer der Justiz sorgt für massenhafte Verjährung

Die Beantwortung unserer schriftliche Anfrage zum Thema „Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrug durch Ärzte“ vom 30.06.2014 hat uns keine Ruhe gelassen. Wir haben noch einmal nachgehakt. Die Verjährungsfrist bei Betrug beträgt gem. § 78 Abs. 3 StGB fünf Jahre. Im Jahr 2009 wurde ein Großteil der Verfahren wegen Abrechnungsbetrug bei M III/ M IV- Leistungen aus Rechtsgründen durch die Staatsanwaltschaft Augsburg eingestellt, wenn Ärzte also nach der Einstellung der Verfahren gegen sie, weiter bei der Abrechnung betrogen haben, würde für die Taten im Jahr 2009 bereits dieses Jahr Verjährung eintreten.

Wir haben also gefragt: Wurden die Ärzte, deren Verfahren nach dem BGH- Urteil wegen Verjährung eingestellt werden mussten, überprüft, ob sie die zwischenzeitlich als strafbar angesehene Abrechnungsmethode noch nach der vorläufigen Einstellung ihrer Verfahren am 28.01.2009 fortgeführt haben und falls ja, wurden daraufhin erneut Ermittlungsverfahren gegen diese eingeleitet?

Die ungeheuerliche Antwort des Justizministeriums: „ Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat mangels konkreten Anfangsverdachts gegen diese Ärzte keine weiteren Ermittlungsverfahren eingeleitet.“

Die Mär des Ministeriums von der „unklaren Rechtslage“

Die Staatsanwaltschaft, erklärt das Ministerium dreist, konzentriere sich lieber auf die Taten nach der BGH-Entscheidung im Jahr 2012, da sich die Ärzte nach diesem Zeitpunkt nicht mehr auf eine unklare Rechtslage berufen könnten.

Das konnten sie aber schon seit 2009 nicht mehr. Denn eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO aus Rechtsgründen begründet laut BGH keinen Vertrauenstatbestand (BGH 2 StR 524/10) . Das Verfahren kann jederzeit formlos wiederaufgenommen werden, wenn aus Sicht der Ermittlungsbehörden Anlass dazu besteht. Die Ärzte mussten also damit rechnen, dass die von ihnen verwendete Abrechnungsmethode doch als Betrug gewertet wird und sie sich entsprechend strafbar machen. In den Einstellungsbescheiden wurden sie auch auf das Pilotverfahren hingewiesen.

Und überdies ist seit nunmehr bald zwanzig Jahren die Rechtslage eindeutig: Bei der Änderung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 1995 wurde eingefügt, dass ein Arzt nur selbstständig bzw. „unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ erbrachte Leistungen selbst abrechnen darf. Ein Einkauf von Laborleistungen und deren Weiterverkauf an den Patienten sind seitdem explizit verboten.  

Seit der BGH-Entscheidung im Jahr 2012 ist aber absolut eindeutig, dass es sich bei dieser Abrechnungsmethode um Betrug i.S.d. § 263 StGB handelt. Selbst das Justizministerium erkennt die Rechtslage inzwischen als geklärt an. Der BGH hat die Aufgabe die Rechtseinheit im Bund zu wahren. Seine Meinung ist also die letztgültige. Zwar hat der Arzt gegen den das Pilotverfahren lief, eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, dieses ist aber keine so genannte Superrevisionsinstanz. Man kann sich nicht auf die Verletzung von unterhalb der Verfassung stehenden Gesetzen berufen. Das Bundesverfassungsgericht prüft nur, ob in der Entscheidung des BGH gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen wurde.

Ärzte konnten mit „erfolgreicher“ Praxis einfach weitermachen 

Dass die Betrugsmasche nach wie vor populär ist, verdeutlichen weitere Zahlen, die die Grünen-Anfrage zutage förderte: Aktuell laufen in mittlerweile drei großen Verfahren Ermittlungen gegen bayerische Ärzte. Seit unserer letzten Anfrage ist noch eine Verfahren hinzugekommen.

Diese Ärzte haben teilweise noch nach der BGH- Entscheidung im Jahr 2012 mit der umstrittenen Abrechnungsmethode weitergemacht. Betroffen sind in einem dieser Verfahren bis zu 1300 Ärzte, das sind selbst bei extrem reduzierten Ermittlungen immer noch bis zu 1.300 Mediziner – mithin rund zwei Prozent der Ärzteschaft im Freistaat (ca. 60 665), in nur einem einzigen Verfahren.

Massenhafte Verjährung hat System

Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, wenn Bayerns Staatsanwälte auch noch die Betrugsfälle zwischen 2009 und 2012 vorsätzlich sukzessive verjähren lassen. Denn die „Altfälle“ ab 2009 bis 2012 verjähren derzeit oder sind es bereits.

Hier muss man sich langsam fragen, ob es sich um eine gewollte Strafvereitelung im Amt gem. § 258 a i.V.m. § 258 StGB handelt, darunter fällt nämlich auch die Vereitelung der Strafverfolgung. Ein Aufklärungsinteresse bezüglich dieser Taten ist absolut nicht erkennbar.

Während in anderen Bundesländern, beispielsweise in Frankfurt am Main, sich Schwerpunktstaatsanwaltschaften intensiv mit der Verfolgung dieser Straftaten beschäftigten, vertraten lediglich in Bayern einige Staatsanwälte und das Justizministerium die Auffassung, dass es unklar sei, ob es sich auch um Betrug handele, weil kein Schaden im strafrechtlichen Sinne erkennbar sei.

Das einzig Positive, das wir aus der Antwort des Justizministeriums auf unsere schriftliche Anfrage ziehen konnten: In den aktuellen Verfahren wurden immerhin etliche verjährungshemmende Maßnahmen getroffen. Die Staatsanwaltschaft weiß also doch, wie es theoretisch geht. D.h. die Tausende von Ärzten, deren mutmaßliche Betrügereien nach dem BGH-Urteil 2012 wegen Verjährung nicht mehr verfolgt werden konnten, hat man auch schon absichtlich laufen lassen.

In der Vergangenheit wurden offensichtlich sämtliche Augen beim Thema Abrechnungsbetrug durch Ärzte zugedrückt. Man kann nur hoffen, dass dies in Zukunft konsequenter verfolgt wird, zum Wohle der Patienten und Versicherten.

Karenzzeiten für ehemalige Minister- auch in Bayern

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Fälle wie Bahr, Leeb oder Fahrenschon zeigen, dass politischer Einfluss käuflich ist: wer eine bestimmte Politik macht, macht Karriere und Kohle.
Ein ehemaliger bayerischer Finanzminister wird nicht einmal einen Monat nach Amtsende Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (Fahrenschon); ein ehemaliger Gesundheitsminister wechselt zur privaten Krankenversicherung der Allianz (Bahr); und ein ehemaliger Justizminister übernimmt etwa sechs Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Amt das Mandat für einen der bekanntesten deutschen Laborärzte (Schottdorf), der die Justiz seit Jahren beschäftigt und dessen Verfahren auch Berichtssachen im Justizministerium waren (Leeb).
Um den Anschein eines „Geschmäckles“ zu vermeiden, braucht es ein Gesetz, das Interessenskonflikte unterbindet, das keine Geschäfte mit Leuten, mit denen man vorher politisch arbeitete, zulässt. LobbyControl und Transparency International fordern eine Karenzzeit von drei Jahren. Im Bundestag wird seit einem Jahrzehnt über Karenzzeiten für Minister beraten, das letzte Mal im Januar 2014. Passiert ist seither nichts, stattdessen ließen SPD und Union den Antrag der Grünen zweimal von der Tagesordnung streichen.

In Bayern ist alles bestens – sagt die Regierung
Ich habe die bayerische Regierung gefragt, ob sie die von der Grünen Bundestagsfraktion und von Organisationen wie LobbyControl und Transparency International erhobene Forderung nach einem Gesetz für Karenzzeiten ausgeschiedener Regierungsmitglieder vor dem Wechsel in die Wirtschaft teilt und ob sie Bedarf für eine bayerische Regelung sieht, um u.a. Interessenskonflikte früherer Mitglieder der Staatsregierung bei anwaltschaftlichen Aktivitäten gegen den Freistaat auszuschließen.

Die Antwort:
Eine Karenzzeit für ehemalige bayerische Regierungsmitglieder ist gesetzlich nicht vorgesehen und eine Änderung dieses Umstands auch nicht gewünscht.

Wir werden im Untersuchungsausschuss Labor genau hinschauen, ob ehemalige Regierungsmitglieder ihren politischen Einfluss für  ihre berufliche Tätigkeit genutzt haben und weiter darauf drängen, dass eine Änderung dieser Praxis gesetzlich geregelt wird. Nicht in allen Fällen, wie etwa im Fall Gauweiler, nützt eine Karenzzeit. Aber es wäre schon einmal ein Anfang.