Tag Archives: Finanzministerium

BR kontrovers hat nachgehakt

Das BR Magazin “Kontrovers” hat zum Kampf gegen den Betrug an Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern durch Abrechnungsbetrug im Rahmen der Beihilfe noch einmal nachgehakt.

Nachdem Finanzminister Söder beim Abrechnungsbetrug durch Ärztinnen und Ärzte zu Lasten der Beihilfe über Jahre tatenlos zugesehen hat und wir im Untersuchungsausschuss “Labor” immer wieder diese Missstände aufgezeigt haben, musste das Finanzministerium endlich handeln.

Untersuchungsausschuss zeigt bei Söder Wirkung

Pressemitteilung vom 01.12.2016

„Nachdem Finanzminister Söder beim Abrechnungsbetrug durch Ärzte zu Lasten der Beihilfe über Jahre tatenlos zugesehen hat, handelt er endlich.

Wir Grüne haben im Schottdorf-Untersuchungsausschuss immer wieder diese Missstände aufgezeigt und Herrn Söder so zum Handeln gezwungen“, erklärt Dr. Sepp Dürr, grünes Mitglied im bereits beendeten Untersuchungsausschuss Labor, und verweist auf eine grüne Anfrage. „Der Finanzminister und die Beihilfestellen haben als Kontrollinstanzen versagt – Das kam im Untersuchungsausschuss deutlich heraus: Herr Söder hat bewusst weggesehen, die staatlichen Beihilfestellen waren Betrug hilflos ausgeliefert und die Steuerzahlerinnen und -zahler wurden um Millionenbeträge betrogen.“

Die Landtags-Grünen forderten immer wieder, zuletzt im Minderheitenbericht, eine Digitalisierung der Abrechnungsprüfung, geeignete Prüfsoftware und mehr Personal. Seit Juni 2016 arbeiten laut Finanzministerium nun alle bayerischen staatlichen Beihilfestellen vollständig im neuen digitalen Beihilfebearbeitungsverfahren. Sepp Dürr: „Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Der Untersuchungsausschuss Labor zeigt Wirkung – Söder hat dem Druck nachgegeben“

Bilanz: Ein Jahr Untersuchungsausschuss Schottdorf

DSC_2453X

Vorwürfe gegen bayerische Behörden erhärtet
Vor gut einem Jahr haben Grüne und Freie Wähler den Untersuchungsausschuss „Labor“ durchgesetzt. Unser Ziel war und ist, nicht nur die dubiosen Vorgänge bei der Staatsanwaltschaft, sondern auch den gesundheitspolitischen Rahmen unter die Lupe zu nehmen. Dabei wurde schon in den ersten Befragungen deutlich, dass die Ausschussmehrheit aus CSU und SPD kein Interesse an der Aufklärung des gesundheitspolitischen Skandals hat. Aber auch bei der Untersuchung des Justizskandals lief der Ausschuss mehrheitlich Gefahr, sich in Belanglosem zu verlieren bzw. den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen.
Anfangs gab es immer wieder Ansätze, die Befragungen zu behindern. Einerseits versuchten CSU und SPD z.B. die Zulässigkeit von Fragen zu bestreiten, andererseits haben sie Zeugen unfair behandelt. Insbesondere den ersten Zeugen aus der SoKo, Stefan Sattler haben CSU und SPD versucht einzuschüchtern und sogar mit falschen Behauptungen unter Druck zu setzen.
Der CSUler und Ex-Staatsanwalt Reichhardt hat sich besonders übel hervorgetan. Jüngst hat ihn die Staatsanwaltschaft damit davonkommen lassen, denn er war, scheint’s, nicht fähig, einen Durchsuchungsbeschluss zu lesen. Dummheit schützt da offenbar vor Strafe. Es war ja bereits vorher höchst unwahrscheinlich, dass er als Ex-Kollege der Augsburger Staatsanwälte über deren Handeln unvoreingenommen urteilen kann. Wenn er noch einen Rest Selbstachtung hat, sollte er schleunigst seinen Hut nehmen.

Sackgasse SoKo-interne Streitereien
Nach diesem für CSU und SPD blamablen Exzess hat die CSU die Strategie offenbar geändert: Statt die Befragungen durch beständige Nadelstiche zu zermürben, setzen sie jetzt – wiederum in Einklang mit der SPD – auf Ermüdungstaktik nach dem Motto „Je langweiliger und abseitiger die Fragen, desto zielführender“. Sie haben sich vor allem mit für den Untersuchungsauftrag Nebensächlichem wie Streitereien innerhalb der SoKo oder, besonders skurril, der sogenannten Maulwurfsuche beschäftigt.
Dabei waren sowohl die eifrige „Maulwurf“-Suche wie das Wühlen nach Zerwürfnissen ohne jeden Belang für unseren Untersuchungsauftrag. Denn beides spielte letztlich keine Rolle für die Ermittlungsergebnisse. Die gründliche Arbeit der „SoKo Labor“ wurde durchwegs gelobt, sowohl BLKA intern als auch von der Staatsanwaltschaft. Umso frustrierender war der Ausgang der Verfahren für alle Ermittlerinnen und Ermittler. Ihre ausermittelten Fälle wurden von der Staatsanwaltschaft Augsburg „auf Halde“ gelegt und lösten sich später in Luft auf. Dabei hatten sich diese hunderte von Ärztinnen und Ärzte genauso strafbar gemacht wie der „Pilotarzt“, der zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt wurde.
Sattler und Mahler, die den Skandal hartnäckig an die Öffentlichkeit gebracht haben und dafür bis heute gemaßregelt und diskreditiert werden, wurden in den Befragungen und den Akten als fachlich kompetente und buchstäblich ausgezeichnete Ermittler bezeichnet – selbst von solchen Vorgesetzten, die ihre Unfähigkeit, den Skandal „ad acta zu legen“, missbilligten. Deshalb ist der schäbige Versuch von CSU und SPD, diese vermeintlichen Kronzeugen zu diskreditieren, zum Glück gescheitert. Ein ausgemachter Justizskandal wie dieser wird nicht kleiner, wenn man kritische Beamte schlecht zu machen sucht und ihre Einwände kleinredet. Denn das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Bemühungen bleibt in jedem Fall gleich erbärmlich. Umgekehrt taugten die beiden Polizisten ohnehin nicht zu „Kronzeugen“, weil sie zu weit weg vom politischen Entscheidungszentrum waren.

Politischer Einfluss? Suche an der falschen Stelle
Sich mit Nebensächlichem abzugeben, fiel manchem vielleicht auch deshalb so leicht, weil sich bei der Einvernahme der SoKo- bzw. LKA-Beamten relativ schnell herausgestellt hat: Die wichtigste Frage des Untersuchungsausschusses, die Frage nach den Gründen für diese skandalösen Entscheidungen und eventueller politischer Einflussnahme, lässt sich auf dieser Ebene überhaupt nicht klären. Wer hier sucht, sucht am falschen Ort.
Je mehr Zeugen wir befragten, desto deutlicher wurde: Alle Leitentscheidungen wurden auf Ebene der Generalstaatsanwaltschaft bzw. dann der Augsburger Staatsanwaltschaft getroffen, unter noch zu klärender Rücksprache mit dem Justizministerium. Selbst über die Anzeigen gegen SoKo-Beamte bzw. den Journalisten Denk durch die Anwälte Schottdorfs, durch Gauweiler und Konsorten, entschied ausschließlich die Staatsanwaltschaft, offenbar immer in Rücksprache mit der Generalstaatsanwaltschaft.
Der frühere Abteilungsleiter Geißdörfer nannte es „ungewöhnlich“, dass der sachleitende Staatsanwalt ständig bei der Generalstaatsanwaltschaft „auflaufen“ und um Erlaubnis für weitere Ermittlungsschritte fragen musste. Der Schwerpunkt der Ermittlungen und die Entscheidungshoheit seien wohl nicht bei der eigentlich zuständigen Dienststelle gelegen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat entschieden, die Staatsanwaltschaft München I ein „Pilotverfahren“ durchführen und trotzdem die Augsburger Staatsanwaltschaft sämtliche übrigen Ermittlungen einstellen bzw. verjähren zu lassen.
Dafür findet sich bis heute kein stichhaltiges juristisches Argument. Schon die Behauptung, es sei „strittig“ oder „rechtlich ungeklärt“, ob es sich bei den gesetzwidrigen Falschabrechnungen um Betrug handele, war höchst fragwürdig. Denn faktisch gab es daran keinerlei Zweifel. Im Gegenteil gab es bereits eine Vielzahl von entsprechenden Entscheidungen, aber kein einziges gegenläufiges Urteil. Es gab noch nicht mal einen Widerspruch betrügerischer Ärzte: Sämtliche bekannten Strafbefehle oder Urteile wurden von den erwischten Betrügern sang- und klanglos akzeptiert. Für die Leitentscheidungen kann es also nur sachfremde Gründe geben.

Gesundheitspolitischer Skandal
In den Befragungen sind die Umrisse eines Milliarden-schweren gesundheitspolitischen Skandals sichtbar geworden. Das Abrechnungsbetrugssystem im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen wurde von der Selbstorganisation der Ärzte und der Gesundheitspolitik jahrzehntelang geduldet, weil niemand, auch nicht die privaten Krankenkassen, die Berufs- oder die Finanzaufsicht, in dieses Wespennest stechen wollte. Dabei werden Patientinnen und Patienten, Krankenversicherungen und Steuerzahler massiv geschädigt. So zahlen z.B. Privatversicherte im Schnitt bis zu fünfmal so viel für Laborleistungen wie gesetzlich Versicherte. Nach wie vor besteht ein Anreiz zu Mengenausweitungen, also zu unnötigen oder in der Folge gar gesundheitsschädlichen Untersuchungen. Unsere schriftlichen Anfragen haben ergeben, dass es weiterhin zu Abrechnungsbetrügereien kommt, und zwar auch bei Speziallaborleistungen. Offensichtlich fehlt es nach wie vor an einer abschreckenden Wirkung bzw. an geeigneten Prüfverfahren, die Falschabrechnungen zuverlässig zu Tage fördern. Bis heute wird tatenlos hingenommen, dass die Rechnung eines Arztes weder für Patientinnen und Patienten noch für die Beihilfestelle transparent ist.

Untätigkeit im Hause Söder
Die staatlichen Beihilfestellen und der Finanzminister interessieren sich bis heute nicht für diese Betrügereien. Dabei hat der ORH bereits 2008 das Abrechnungssystem der staatlichen Beihilfestellen gerügt und u.a. dringend empfohlen, eine spezielle Software zur Prüfung gebührenrechtlicher Regelwerke anzuschaffen. So könnten jährlich 20 bis 50 Millionen Euro eingespart werden. Das bayerische Finanzministerium teilte zwar grundsätzlich die Auffassung des ORH, passiert ist dennoch wenig bis gar nichts.
Das Landesamt für Finanzen ist, nach eigener Auskunft, immer noch nicht in der Lage, falsch gestellte Rechnungen zu erkennen. Die Beihilfesachbearbeitung wird erst seit Juli 2014 schrittweise digitalisiert. Lustigerweise rühmt sich das bayerische Landesamt für Finanzen als „einer der federführenden IT-Dienstleister innerhalb der staatlichen Verwaltung in Bayern“. Doch derzeit werden noch nicht einmal die eingehenden Schriftstücke digital aufbereitet. Erst danach könnte ja mit einer computergestützten Rechnungsprüfung begonnen werden.

LKA: Gute Arbeit, schlechter Stil
Das Bild, das die SoKo bzw. das LKA abgegeben haben, ist zwiespältig: Man hat zwar sehr gute Ermittlungsarbeit geleistet, aber andererseits sind wir auf Anzeichen einer miserablen Führungskultur gestoßen. Außerdem hätte man – trotz oder gerade wegen des Ausfalls der Staatsanwaltschaft – im Rahmen polizeilicher Präventionsmaßnahmen die Berufsaufsicht über die systematischen und andauernden Betrugsfälle informieren müssen.
Sicher ist: An der Polizei lag es nicht, dass ein ganzes Betrugssystem unter den Teppich gekehrt wurde und tausende Betrügerinnen und Betrüger straffrei davonkamen. Selbst die damaligen Dezernatsleiter Egger und Sachgebietsleiter Boxleiter wurden von der Einstellung der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft Augsburg im Januar 2009 „gelinde gesagt überrascht“. Denn die Augsburger kannten damals die Akten noch gar nicht, auch die Anklageschrift im Pilotverfahren gegen Dr. A war nicht fertig. Umso perplexer waren die Beamten, als sie durch Umwege von den Einstellungen durch die Staatsanwaltschaft Augsburg erfuhren. Jahrelange fundierte und äußerst umfangreiche Ermittlungsarbeit löste sich mit einem Schlag in Luft auf. Zudem wurden, trotz verschiedener Voraussetzungen, auch andere Betrugsvarianten in einem Aufwasch mit eingestellt.
Aber trotz aller Beteuerungen des BLKA, eine moderne Führungskultur zu leben, drängt sich der gegenteilige Eindruck auf. Vizepräsidentin Petra Sandles sprach beispielsweise davon, dass Sattler vom Posten des SoKo- Leiters „befreit“ werden musste, um ihn zu entlasten, allerdings ohne dass vorher mit ihm darüber gesprochen wird. Es fallen Äußerungen wie: Manche Beamte seien Diamanten, die noch geschliffen werden müssen und das Schleifen tue eben manchmal weh. Vorwürfe werden schlampig geprüft, immer wieder rückt man nur mit Halbwahrheiten heraus.
Einzelne Chefs in der alten wie in der derzeitigen Führung haben durchaus gezeigt, wie moderne Personalpolitik aussieht: Sie haben auch bei schwierigen oder umstrittenen Entscheidungen frühzeitig das Gespräch mit den Betroffenen bzw. Beteiligten gesucht und konnten so Vertrauen aufbauen. Aber sie sind leider die Ausnahme geblieben.
Eine wenig demokratische, wenig kooperative und intransparente Führungskultur im BLKA trug maßgeblich dazu bei, die ohnehin kritischen Ermittler in ihren Erfahrungen zu bestärken, dass im Fall Schottdorf etwas nicht mit rechten Dingen zuging – und in dem falschen Eindruck, dass ihre Führung darin verwickelt war.

Offene Fragen
Die wichtigsten Fragen sind noch offen, weil sie auf Ebene abhängiger Ermittlungsbehörden auch nicht zu klären waren:
–    Warum haben die Justizbehörden so lange an ihrer überholten Rechtsauffassung festgehalten, es sei kein materieller Schaden entstanden und deshalb niemand betrogen worden?
–    Warum haben sie keine Vorkehrungen für den Fall eines erfolgreichen Ausgangs des „Pilotverfahrens“ getroffen und Tausende betrügerischer Ärzte ungeahndet davonkommen lassen?

–    Wie waren die Generalstaatsanwaltschaft und die Justizministerin jeweils in diese Entscheidungen eingebunden?
Nach der Sommerpause beginnen wir mit der Befragung der Staatsanwälte.

Erste Konsequenzen ziehen!
Ohne den Bericht des Untersuchungsausschusses an den Landtag vorwegzunehmen, lässt sich auflisten, was die Verantwortlichen in ihrer eigenen Zuständigkeit sofort umsetzen können:

1.    Söder muss die Defizite bei der Beihilfe korrigieren:
Der Finanzminister muss die staatlichen Beihilfestellen in die Lage versetzen, dass sie routinemäßig prüfen können, ob ein Arzt die Rechnung entsprechend seiner Qualifikation überhaupt stellen durfte. Die KVB prüft seit 1984, ob ein Arzt über die entsprechenden Zeugnisse oder Zertifikate über Weiterbildungsmaßnahmen verfügt, speichert dies in einem Arztregister und führt sogar eine Gegenprüfung durch. Nichts hindert die Beihilfestellen daran, mit entsprechender Software sofort ein eigenes Register anzulegen. In Sonderfällen, wie bei Fachärztinnen und -ärzten mit Zusatzqualifikationen für M-III-Spezialleistungen in ihrem Fachbereich, könnten sie dem Beispiel einer Beihilfestelle in Nordrhein-Westfalen folgen und nachfragen, ob die Leistung selbst in eigener Praxis erbracht wurde.

2.    Staatsregierung muss auf Bundesebene gesundheitspolitische Konsequenzen fordern:
Die Staatsregierung muss sich bei der anstehenden Gesundheitsreform dafür einsetzen, dass bestehende Ungleichgewichte im Gesundheitssystem, also etwa teilweise Unterfinanzierungen einzelner medizinischer Leistungen nachgebessert werden. Denn dadurch wird eine Art „Quersubventionierung“, sprich: Abrechnungsbetrug begünstigt und zum Teil gar stillschweigend geduldet.
Arztrechnungen müssen transparent sein, d.h. an die Patientinnen und Patienten gestellt und zwar so, dass diese sie verstehen und nachprüfen können. Für die Behandelten wie für die Kostenträger muss auf Anhieb erkennbar sein, ob eine Arztrechnung den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) entspricht.

3.    Regierung muss Voraussetzungen konsequenter strafrechtlicher Verfolgung schaffen:
Es braucht keine gesetzliche Änderung in der GOÄ, um Abrechnungsbetrug bei Laborleistungen besser in den Griff zu bekommen. Seit 1996 ist klar geregelt, dass nur Leistungen abgerechnet werden dürfen, die man selbst erbracht hat oder die unter der eigenen fachlichen Weisung erbracht wurden. Staatsanwaltschaften und Polizei müssen entsprechend eingewiesen und personell ausreichend dafür ausgestattet werden.

4.    Das Gesundheitsministerium muss konsequente berufsrechtliche Verfolgung fordern:
Einem Verdacht auf Abrechnungsbetrug muss von den Privaten Krankenversicherungen und den Beihilfestellen konsequent nachgegangen, Rückforderungen müssen konsequent gestellt und auch eingetrieben werden. Die Berufsaufsichtsbehörden sind aufzufordern, konsequent von ihren disziplinarrechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.

Abrechnungsbetrug durch Ärzte zu Lasten der Beihilfe: Söder sieht weiter tatenlos zu

Nachdem die Regierung bisher nicht deutlich machen konnte, mit welchen Maßnahmen sie
verhindern will bzw. in der Vergangenheit verhindert hat, dass die staatliche Beihilfe und damit Bayerns Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch systematischen Abrechnungsbetrug aufgrund von Verstößen gegen die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bei der Abrechnung von Laborleistungen in vielfacher Millionenhöhe geschädigt wurden bzw. werden, haben wir noch einmal nachgefragt.
Die Antwort gerät zu einer Bankrotterklärung des Finanzministers: Söder hat den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt, Grund zur Eile scheint aus seiner Sicht nicht geboten.

Im Schneckentempo zur Digitalisierung
Söder kündigte zwar im Dezember an, dass sich eine extra eingerichtete Arbeitsgruppe im Finanzministerium darum kümmern soll, die Abrechnungsverfahren der Beihilfestellen weiter zu optimieren. Aber diese hat sich erst ganze dreimal getroffen, mit offenbar bescheidenen Ergebnissen. Denn unsere erneute Anfrage bringt u.a. ans Licht, dass Digitalisierung für die Beihilfestellen immer noch kaum erschlossenes „Neuland“ ist.
Die Beihilfesachbearbeitung wird erst seit Juli 2014 schrittweise digitalisiert. Und das, obwohl sich das bayerische Landesamt für Finanzen als „einer der federführenden IT-Dienstleister innerhalb der staatlichen Verwaltung in Bayern“ rühmt und insbesondere seine Beihilfeabrechnungssystem BayBAS hervorhebt. Doch derzeit werden noch nicht einmal die eingehenden Schriftstücke eingescannt bzw. digital aufbereitet (Antwort auf Frage 6.2., S. 8). Aber erst danach könnte überhaupt mit einer computergestützten Rechnungsprüfung begonnen werden.
Solange Söder nicht endlich nachrüsten lässt, ist es der Beihilfe praktisch unmöglich, ein Abrechnungsbetrugssystem wie das im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen herauszufiltern.

Kritik des ORH wird weiter ignoriert
Der bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) stellte, unabhängig vom derzeit untersuchten Skandal, schon im Jahr 2008 fest, dass durch eine computergestützte Abrechnungsprüfung jährlich 20 bis 50 Millionen Euro bei der Beihilfe eingespart werden könnten.
Die bayerischen Beihilfestellen bemerkten sogar selber, und zwar ebenfalls im Jahr 2008, dass sie Abrechungsbetrügereien durch Ärzte hilflos ausgeliefert sind. Als sie damals vom BLKA über das Betrugssystem im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen unterrichtet wurden, stellten sie fest, dass sie nichts unternehmen konnten, weil die Rechnungsbelege nicht eingescannt und sofort nach der Bearbeitung vernichtet oder zurückgegeben werden. Trotzdem hat man seitdem nichts veranlasst, um diese Missstände abzustellen. Im Gegenteil, nach Aussage von Finanzminister Söder fehlen den Beihilfestellen immer noch wirksame Recherchemöglichkeiten, um Betrugsversuche zu erkennen und abzuwenden. Eine Verbesserung könne, räumt er ein, erst nach der vollständigen Digitalisierung der Beihilfe erreicht werden. Rätselhaft bleibt, weshalb dies nicht sofort umgesetzt wurde oder Söder nicht wenigstens jetzt aufs Tempo drückt.
Auch 7 Jahre später ist nichts passiert und jährlich werden weiterhin Millionen Steuergelder zum Fenster rausgeschmissen.

Rückforderungen – nein danke!
Finanzminister Söder tut nicht nur nichts, damit es in Zukunft nicht zu weiteren Abrechnungsbetrügereien kommt. Nach wie vor werden auch keine Rückforderungsansprüche gegen betrügerische Ärztinnen und Ärzte gestellt, obwohl dies, anders als Söder vorschützt, selbstverständlich möglich wäre.
Im Dezember 2014 behauptete die Regierung noch: „Die Beihilfestellen haben gesetzlich auch keinerlei Befugnisse, dem Arzt gegenüber Beanstandungen oder Rückforderungen vorzunehmen.“ Aber diese Aussage ist falsch. So kann nach Art. 14 S. 4 BayBG der Dienstherr, hier also der bayerische Staat, Rückerstattungs- oder Schadensersatzansprüche aufgrund einer unrichtigen Abrechnung gegen eine Ärztin oder einen Arzt geltend machen, wenn er zu hohe Beilhilfeleistungen für seine Beihilfeberechtigten erbracht hat. Obwohl der Regierung dieser Passus nun auch bekannt ist, wird davon nach wie vor nicht Gebrauch gemacht. Der „bloße Hinweis einer Ermittlungsbehörde“ würde nicht ausreichen.
Was Söder unterschlägt: Die Behörden hätten diesem Hinweis nachgehen müssen. Die staatlichen Beihilfestellen wären nach dem Brief des BLKA verpflichtet gewesen, Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft München I zu beantragen. Dies taten einige privaten Krankenversicherungen und stellten, nach Erhalt der konkreten Daten, Rückforderungsansprüche. Dass dies versäumt wurde und weiterhin wird, schädigt den bayerischen Staat und damit seine Bürgerinnen und Bürger, finanziell in massivster Art und Weise. Betrügerische Ärzte wiederum sehen sich weiterhin ermutigt.

Rechnung mit einem Unbekannten
Nach Aussage des Finanzministeriums haben die Beihilfestellen bei privat Krankenversicherten keinen Zugang zu Datenbanken, mit denen sie die aktuelle fachliche Qualifikation approbierter Ärzte überprüfen könnten (Antwort auf Frage 4.1., S. 5-6). Zwar verfügt die Landesärztekammer über ein solches detailliertes Ärzteregister, in dem Facharztbezeichnung und Zusatzqualifikationen gespeichert werden. Aber das Bundesdatenschutzgesetz schließt aus, dass Beihilfestellen oder private Krankenkassen die für sie relevanten Daten dort routinemäßig abfragen. Dies könnte durch eine Gesetzesinitiative geändert werden, eine entsprechende Klausel müsste in die Meldeordnung aufgenommen werden.
Nichts hindert die Beihilfestellen allerdings daran, anhand der Daten, die ihnen zur Verfügung stehen, sofort ein eigenes Register anzulegen. Ihnen liegen die einschlägigen Daten vor, sie müssten sie nur nutzen. Sie erhalten die Abrechnungen der Ärztinnen und Ärzte und könnten daraus ziehen, was sie zu einer rechtssicheren Prüfung bräuchten (v.a. Facharztbezeichnung). In Sonderfällen, wie bei Fachärztinnen und -ärzten mit Zusatzqualifikationen für M-III-Spezialleistungen in ihrem Fachbereich, könnten sie nachfragen, ob die Leistung selbst in eigener Praxis erbracht wurde. So hat das beispielsweise eine Beihilfestelle in Nordrhein-Westfalen erfolgreich gemacht, wie die Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des BR Magazins kontrovers belegen.

Kassenärztliche Vereinigung Bayern als Vorbild
Ein Beispiel könnte sich die staatliche Beihilfe auch an der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) nehmen. Diese arbeitet nach dem Umkehrschlussprinzip, sie geht nur bei Laborärzten davon aus, dass sie zur Erbringung aller Laborleistungen qualifiziert sind. Unterschieden wird im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der die Grundlage für die Abrechnung von kassenärztlichen Leistungen darstellt, zwischen ambulanten Laborleistungen und speziellen Laborleistungen – wie auch in der GOÄ. Für die Erbringung von speziellen Laborleistungen muss die Ärztin oder der Arzt besondere Kenntnisse erworben haben, die im Rahmen der Aus- und Weiterbildung nicht an jeden standardmäßig vermittelt werden. Es wird also eine Genehmigung benötigt, die streng überprüft wird. Alle anderen müssen ihre Qualifikation durch Zeugnisse oder ggf. durch die Teilnahme an einem Kolloquium der KVB nachweisen. Die entsprechenden Genehmigungen werden in der Prüfroutine der KVB als sogenannte „Prüfregel“ hinterlegt. Bei der EDV-gestützten Rechnungsprüfung wird also die Qualifikation des Arztes standardmäßig abgeprüft. Damit ist ausgeschlossen, dass eine nicht genehmigte Laborleistung abgerechnet wird.

Irreführung: GOÄ steht nicht in rechtsfreiem Raum
Die Regierung behauptet absurderweise in ihrer Antwort nach wie vor, dass jeder approbierte Arzt nach der GOÄ grundsätzlich alle ärztlichen Leistungen erbringen könne, die darin aufgeführt werden. Das ist falsch! Die GOÄ steht nicht im rechtsfreien Raum! So setzt die in § 4 Abs. 2, S. 1 GOÄ geforderte fachliche Weisung des Arztes voraus, dass der Arzt selbst über eine entsprechende fachliche Qualifikation zur Erbringung der Leistung verfügt (Hess/Klakow-Franck „GOÄ“, S. 17).
Auch im privatärztlichen Bereich gilt selbstverständlich die sogenannte Facharztbindung. Eine Ärztin oder ein Arzt darf grundsätzlich nur in dem Gebiet tätig sein, dessen Bezeichnung sie oder er führen darf (Art. 34 Heilberufe- und Kammergesetz). „Die Gebietsdefinition bestimmt die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit“ (§ 2 Abs. 2 Weiterbildungsordnung für bayerische Ärzte). Wenn in der entsprechenden Weiterbildungsordnung zur Erbringung bestimmter Leistungen spezielle Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vorgeschrieben sind, sind diese selbstverständlich auch Voraussetzung für die Abrechnung dieser Leistungen nach der GOÄ (Brück/Klakow-Franck „Kommentar zur GOÄ“, S. 113/ Rn. 10).
Übersetzt bedeutet das: Ein Orthopäde kann keine Darmspiegelung abrechnen, da deren Durchführung in seiner Ausbildung nicht enthalten ist.
Ähnliche qualitative Anforderungen gelten selbstverständlich auch im Laborbereich. Zwar ist das Kapitel M der GOÄ („Laboratoriumsuntersuchungen“) grundsätzlich allen Arztgruppen zugänglich. Dies ändert aber nichts an dem immer geltenden berufsrechtlichen Gebot der Tätigkeitsbeschränkung auf ein Fachgebiet. Inwieweit eine Ärztin oder ein Arzt gebietsspezifische Laboratoriumsuntersuchungen erbringen und damit auch abrechnen darf, ist in der Richtlinie über den Inhalt der jeweiligen Weiterbildung geregelt. „Damit erfolgte eine Verknüpfung von Gebühren- und Weiterbildungsrecht und eine Konkretisierung des so genannten Facharztstandards für den Bereich der Speziallaborleistungen… Fehlt dem Arzt die nachgewiesenen Fachkunde, so entfällt demnach auch die Liquidationsmöglichkeit.“ (Brück/Klakow-Franck „Kommentar zur GOÄ“, S. 887/ Rn. 1).

Was muss die Beihilfe tun?
Mit ein bisschen Software könnte sie Qualifikationsnachweise für Speziallaborleistungen als Prüfregel einpflegen. Der bürokratische Aufwand wäre gering und in Anbetracht der Schadenshöhe sowie zum Schutz von Patienten und nicht betrügenden Ärzten auch gerechtfertigt.

Abrechnungsbetrug: Staatliche Beihilfe sieht weiter weg

8. Sitzung des Untersuchungsausschusses „Labor“

Die gestrige Botschaft an alle betrügerisch abrechnenden Ärzte: Macht einfach weiter so, euch kann niemand auf die Schliche kommen – zumindest niemand von den Beihilfestellen des Landesamtes für Finanzen (LfF). Nach wie vor haben die staatlichen Beihilfestellen nichts unternommen, um diese Abrechnungsbetrugsmethode zu bekämpfen und sie haben es auch in Zukunft nicht vor. Steuergelder werden munter weiter verschwendet.
Die Sachbearbeiter des LfF können an den Rechnungen nicht erkennen, wenn ein Arzt die Leistung nicht selbst erbracht hat. Allerdings gäbe es verschiedene bewährte Möglichkeiten, zu erkennen, ob ein Arzt die Leistung überhaupt erbringen konnte. So prüft die KVB sehr wohl nach, ob ein Arzt überhaupt die entsprechende Qualifikation hat, Laborleistungen zu erbringen und abzurechnen.

Wegschauen mit System

Im Fall des wegen Abrechnungsbetrugs verurteilten Arztes aus dem sogenannten „Pilotverfahren“ wurde das LfF tatsächlich auch selber tätig. In die Abrechnungssoftware wurde eine Warnung eingebaut, dass man in diesem Falle genauer nachprüfen müsse. Dennoch sind die Beihilfestellen nach Erhalt des Briefes der „SoKo Labor“ im Jahr 2008 nicht auf die Idee gekommen, Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft München I einzufordern. Danach hätten sie zumindest diejenigen Ärzte herausfiltern können, bei denen das LKA schon ausermittelt hatte, dass sie sich der betrügerischen Abrechungsmethode bedienten. Wenigstens in diesen Fällen hätte die Beihilfe einen Nachweis fordern können, dass die abrechnenden Ärzte eine entsprechende Weiterbildung oder die nötigen Räumlichkeiten und Geräte haben, um Speziallaborleistungen zu erbringen.
Derartige Ärzteregister gibt es bei der staatlichen Beihilfe bis heute nicht. Als einzige „Konsequenz“ will sie künftig die Arztrechnungen länger aufbewahren. Leider bringt das auch nichts, denn aus ihnen ist ja, nach eigener Aussage des LfF, kein Betrug erkennbar.

CSU will’s nicht wissen

Nach Meinung der CSU- Fraktion ist der Beihilfeberechtigte selbst schuld. Er müsse schließlich die Rechnung überprüfen, bevor er sie an die Beihilfestelle weiterleitet und steht dann für deren Richtigkeit gerade. Dass allerdings der Patient derzeit selber nicht erkennen kann, wenn der Arzt Leistungen in Rechnung stellt, die er nicht erbracht hat, hat der Untersuchungsausschuss längst hinreichend geklärt, müsste also auch den CSU-Abgeordneten klar sein. Offenbar will auch die CSU weiter wegsehen, wenn Staat und Beamtenschaft durch Abrechnungsbetrug geschädigt werden.
Absurdester Vorschlag in der Sitzung, vom Präsident des Landesamtes für Finanzen, Klaus Herzog, selbst: Die GOÄ-Änderung von 1996 abschaffen, dann würden sich alle Probleme wie von selbst lösen. Ärzte könnten wieder von „Subunternehmern“ erbrachte Leistungen selbst abrechnen. Schließlich hätten die Beihilfestellen genau so viel gezahlt, wenn die Rechnung nicht vom Einsendearzt, sondern vom Labor gestellt worden wäre.

Realer Schaden für Patienten

Genau das aber stellt bereits die damalige amtliche Begründung zur Änderung der GOÄ (Bundesrat, Drucksache 211/94) in Zweifel: „Sämtliche übrige Leistungen (Speziallabor) können künftig nur noch von dem mit der Durchführung beauftragten Arzt abgerechnet werden. Damit entfällt in einem weiten Bereich ein Vergütungsanreiz für die sogenannte Selbstzuweisung von Laborleistungen, durch die eine Mengenausweitung begünstigt wurde.“ (S. 91). Eine neue Regelung war damals dringend notwendig, denn insbesondere wegen der sonst ungebremsten Mengenausweitung rechnete der Gesetzgeber damals mit einem Anstieg der Ausgaben im Gesundheitsbereich um 5 bis 10 % jährlich.
Dies geht und ging zu Lasten der Patienten, die sich nicht sicher sein können, ob ihnen Blut abgezapft wird, weil der Arzt vermutet, dass sie ernstlich erkrankt sind oder wirtschaftliche Interessen dahinter stehen. Durch das Unterlaufen dieser GOÄ-Regelung durch eine Vielzahl von Ärzten und das Nichthandeln der privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen müssen wir davon ausgehen, dass es weiterhin zu medizinisch ungerechtfertigten Mengenausweitungen kommt und damit zu einem realen Schaden.

7. Sitzung des UA Labor: No audit im Fall Schottdorf

Erkenntnis des Tages
Während uns bisher nahezu jeder Zeuge weismachen wollte, dass es unmöglich sei, bei der, meist computergestützten, Abrechnungsprüfung zu erkennen, ob ein Arzt die Rechnung entsprechend seiner Qualifikation überhaupt stellen durfte, kristallisierte sich in dieser Sitzung heraus, dass eine Stelle es doch konnte und zwar seit knapp 30 Jahren. Die KVB prüft sehr wohl nach, ob ein Arzt überhaupt die entsprechende Qualifikation hat, Laborleistungen zu erbringen und abzurechnen. Dies wird bereits seit 1984 (!) so gemacht. Die KVB lässt sich Zeugnisse und Zertifikate über Weiterbildungsmaßnahmen vorlegen, speichert sie in einem Arztregister und führt sogar eine Gegenprüfung durch. Inzwischen läuft dies hauptsächlich über die Abrechnungsprüfsoftware, die auch vom Landesprüfungsamt für Sozialversicherungen gelobt wurde.


Falschaussage ja oder nein?
Hauptthema in der gestrigen Sitzung war die mögliche Falschaussage der Zeugin des Landesamtes für Finanzen. Diese zeigte sich äußerst zerknirscht und entschuldigte sich dafür, dass sie den Brief des LKA in ihrer ersten Aussage unerwähnt gelassen hatte. Sie konnte den Zusammenhang zum Fall Schottdorf damals nicht herstellen. Tatsächlich war sie im Jahr 2008 sogar mit dem Vorgang befasst und telefonierte mit einem Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft München I. Mit wem wusste sie leider nicht mehr, da sie keinerlei Erinnerung mehr an die damaligen Ereignisse hatte. Sie gab den Fall an die zuständige Leitstelle, die Personalnebenstelle in Regensburg, ab, da sie der Ansicht war, dass die Dienststelle München hier allein nichts ausrichten konnte und diese grundsätzlich nur auf Anweisung handelt. In der Leitstelle versprach man ihr, sich darum zu kümmern.


No audit – kein Interesse
Die Leitstelle entschied sich dafür, nichts zu tun. Für die Beilhilfefestsetzung werden grundsätzlich nur wenige Daten erfasst (Rechnungsdatum, Behandlungsdatum und Rechnungsbetrag) und diese auch nur für kurze Zeit. Die Arztrechnungen werden umgehend nach der Auszahlung an den Beihilfeberechtigten vernichtet. Es war also unmöglich, in der Vergangenheit bearbeitete Rechnungen noch einmal auf Abrechnungsbetrug zu überprüfen. Aber auch für die Zukunft wurden keinerlei Maßnahmen getroffen, um diesem Betrugssystem entgegenzuwirken. Den Beihilfestellen des Landesamtes für Finanzen kommt es nach wie vor grundsätzlich nur darauf an, dass die Rechnung formell in Ordnung ist. Inhaltlich wird nicht nachgeprüft. Nach der Vorgehensweise würde auch die Behandlung eines Mannes durch einen Gynäkologen wegen Schwangerschaft nicht weiter auffallen.
Das Landesamt für Finanzen rühmt sich zwar als „einer der federführenden IT-Dienstleister innerhalb der staatlichen Verwaltung in Bayern“ für seine Software BayBAS (Bayerisches Beihilfeabrechnungssystem). Leider ist diese wohl überhaupt nicht geeignet, Abrechnungsbetrügereien auf die Spur zu kommen.
Nach der Anfrage des LKA also wieder Business as usual, da man mit den zur Verfügung stehenden Mitteln diesem Betrug nicht auf die Schliche kommen konnte.
Warum wird die Software dann nicht verbessert? Ganz einfach: weil sowohl die einzelnen Dienststellen des Landesamtes für Finanzen, als auch die Zentralabteilung und Leitstellen nur innerhalb ihres kleinen, völlig unzureichenden Rahmens tätig sind. Für eine Erweiterung brauchen sie eine Anweisung aus dem Finanzministerium und die kam bis heute nicht.


Dringender Handlungsbedarf für Söder
Den Finanzminister interessiert offensichtlich nicht, dass Steuergelder in größerem Umfang auf betrügerische Art und Weise abgegriffen werden. Auch die Ermahnung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes blieb ungehört. Durch eine an die KVB angelehnte Abrechnungsmethode mit einem entsprechenden Arztregister wäre zumindest diese Betrugsmethode sofort abzustellen. Dies ist dringend zu tun! Denn für die Patienten entsteht nicht nur ein materieller, sondern unter Umständen auch ein physischer Schaden.


Auswirkungen des Systems
Im Jahr 1996 wurde die GOÄ unter anderem deswegen geändert, um fehlsteuernden Gebührenanreizen, die zu Mengenausweitungen insbesondere im Laborbereich führen, entgegenzuwirken. Für den Patienten bestand die Gefahr, dass an ihm medizinisch nicht notwendige Untersuchungen rein aus Profitgier durchgeführt werden. Die Betrugsmethode im Zusammenhang mit der Abrechnung von Speziallaborleistungen, die auch von anderen Laboren umgesetzt wurde, umging genau diese Änderung und tut das bis heute. Durch die Nichtbeachtung und Nichtverfolgung dieser Betrugsart besteht der dringende Verdacht, dass bis zum heutigen Tag unnötige und teure Blutuntersuchungen insbesondere an Privatpatienten/ Beihilfeberechtigten durchgeführt werden. Besonders lohnend ist dieses Geschäft auch, weil die GOÄ seit 1996 preislich nicht mehr angepasst wurde. Im kassenärztlichen Bereich finden in regelmäßigen Abständen Anpassungen der Preise für Laborleistungen statt, insbesondere bedingt durch die Technisierung und Automatisierung der Durchführung von Laboruntersuchungen. Der gesamte technische Fortschritt, der insgesamt vor allem zu einer Verbilligung der Laborleistungen geführt hat, kommt bei Privatpatienten/ Beihilfeberechtigten dagegen überhaupt nicht an.
Wir werden uns weiter bemühen, die Auswirkungen dieser Ignoranz herauszuarbeiten, damit endlich politisch gehandelt wird.


Beschluss der umfangreichen Zeugenliste
In der gestrigen Sitzung wurde die umfangreiche Zeugenliste mit knapp 80 Zeugen beschlossen. Möglichst bald sollen die beiden ehemaligen „SoKo Labor“- Mitglieder Sattler und Mahler kommen. Um dem Pensum gerecht zu werden, wird es zunächst zwei Sondertermine geben, Montag, den 09.03.2015 ab 13 Uhr und Montag, den 23.03.2015 ab 9 Uhr. An den beiden darauffolgenden Dienstagen beginnt die Sitzung dann jeweils schon um 9 Uhr.
In der nächsten Sitzung am 24.02.2015 kommen zwei weitere Zeugen des Landesamtes für Finanzen.

Ankündigung: 7. Sitzung des Untersuchungsausschusses “Labor”

Morgen, am Dienstag, den 10.02.2015, ab 14 Uhr findet die 7. Sitzung des Untersuchungsausschusses “Labor” statt. Zunächst wird nichtöffentlich über Verfahrensfragen diskutiert. Unter anderem soll die umfangreiche Zeugenliste beschlossen werden.

Im Anschluss sind vier Zeugen geladen. Der Vertreter des Landesprüfungsamtes für Sozialversicherungen soll insbesondere erklären, wie das Amt überprüft, dass die KVB die Vorschriften bei der Abrechnung von Laborleistungen einhält.
Ein Zeuge der KVB soll darlegen, warum die KVB im kassenärztlichen Bereich “enorme Anstrengungen unternehmen musste, unbegründeten Leistungs- und Vergütungsvermehrungen wirksam entgegenzuwirken”. Die Beantwortung dieser Frage war er in der 5. Sitzung des Untersuchungsausschusses schuldig geblieben.

Die Vertreterin des Landesamtes für Finanzen, die ebenfalls bereits einmal geladen war, wird dahingehend befragt werden, ob sie tatsächlich nichts von dem Schreiben des bayerischen LKAs aus dem Jahr 2008 wusste, in dem die Beihilfestellen über das Abrechnungssystem im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen unterrichtet wurden.
Der Vertreter des Finanzministeriums, der diesen Umstand auch nicht vor dem Untersuchungsausschuss erwähnte, wird in der Sitzung Rede und Antwort stehen müssen, was er selbst von diesem Schreiben wusste und was daraufhin im Finanzministerium veranlasst oder zumindest erörtert wurde.

Denn der Abrechnungsbetrug von tausenden von Ärzten kostet auch uns Steuerzahlerinnen und Steuerzahler viel Geld. Die Finanzminister, auch Finanzminister Söder, haben hier ewig zugesehen, obwohl es immer wieder Hinweise gab beispielsweise von der Polizei oder auch vom Rechnungshof, dass hier vieles im Argen ist. Wir werden versuchen in dieser Sitzung zu klären, warum die zuständigen Behörden nichts unternommen haben.

Verfolgen Sie @GrueneLandtagBY und @SeppDuerr auf Twitter, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Nicht bloß bei Jauch – bei mir auch: Söder seine Sprecherin schmeißt sich für Chef in die Bresche

TD commented on
Finanzminister Söder verantwortlich für Verschwendung von bis zu 300 Millionen Euro:

„Eine Unterschämtheit, den denkbaren Abrechnungsbetrug der Ärzte ubnd Vorgänge aus 2008 dem Finanzminister zuschustern zu wollen. Die Ermittlungen in dem Fall oblagen Polizei, LKA und Staatsanwaltschaft. Diese Behörden haben umfassende Ermittlungsmöglichkeiten, die die einer Abrechnungsbehörde wie dem LfF um ein vielfaches übersteigen. Das LfF darf schon allein wegen der rechtlichen Grundlagen der Beihilfe, die vor allem SIE, Herr Dürr, als Parlamentarierer zu verantworten haben, nicht einfach auf den Arzt zugehen. Das LfF prüft nach gesetzlichen Vorgaben, ob die gestellte Rechnung den Gebührenordnungen entspricht und nach den Vorgaben des Beihilferechts erstattungsfähig ist. Die Beihilfestellen haben gesetzlich auch keinerlei Befugnisse, dem Arzt gegenüber Beanstandungen oder Rückforderungen vorzunehmen. Also bitte bei der Wahrheit bleiben und nicht anfangen, Lügengebäude zu errichten“

https://uaschottdorf.wordpress.com/2014/12/16/finanzminister-soder-verantwortlich-fur-verschwendung-von-bis-zu-300-millionen-euro/#comments

Mehr Infos über Tina Dangl:

http://www.stmflh.bayern.de/aktuelles/pressestelle/

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.fauxpas-in-talksendung-guenther-jauch-soeder-hockt-mitarbeiterin-ins-publikum-zum-klatschen.749460cc-eb26-433f-981a-8c6c6c877683.html

 

Finanzminister Söder verantwortlich für Verschwendung von bis zu 300 Millionen Euro

Keine Konsequenzen nach ORH-Kritik von 2008

Palais_Leuchtenberg

Bayerisches Finanzministerium

Letzte Woche haben wir noch einmal nachgehakt und eine Anfrage zum Plenum gestellt. Wir wollten wissen, was die Beihilfestellen des Freistaates Bayern getan haben, nachdem die „SoKo Labor“ sie im Jahr 2008 über ein „Großermittlungsverfahren gegen den Laborkonzern Schottdorf“ informiert hatte.
Die Antwort des bayerischen Finanzministers ist so dürftig wie blamabel. Das Landesamt für Finanzen habe auf den Brief der „SoKo Labor“ geantwortet, dass zu den gestellten Fragen keine Erkenntnisse vorliegen. Akteneinsicht, die einige private Krankenversicherungen einforderten, wurde nicht beantragt. Es folgt noch der Hinweis, dass das Landesamt eine reine Abrechnungsstelle sei und lediglich prüft, ob die gestellte Rechnung den Gebührenordnungen entspricht und nach den Vorgaben des Beihilferechtes erstattungsfähig ist.
Genau das aber ist der springende Punkt: Denn die in Frage stehenden Rechnungen entsprachen genau nicht der Gebührenordnung für Ärzte und waren damit nicht erstattungsfähig. Ein Arzt darf nur selbst erbrachte oder unter seiner fachlichen Weisung erbrachte Leistungen abrechnen. Gegen diese Vorschrift verstießen die sogenannten Einsendeärzte massenhaft, in dem sie von Laborunternehmen erbrachte Leistungen in die eigene Tasche wirtschafteten.
Finanzminister Söder ist uns deshalb noch eine Antwort schuldig, wie seine Behörde dem gesetzlichen Auftrag, die Erstattungsfähigkeit zu prüfen, nachkommt bzw. warum er nicht dafür sorgt, dass die das tun und etwa auch Rückforderungen an die betrügerischen Ärzte gestellt werden. Söder sieht seit Jahren zu, wie Steuergelder in Höhe von Hunderten von Millionen illegal vereinnahmt und somit veruntreut werden. Das ist der eigentliche Skandal!
ORH hat bereits 2008 Abrechnungssystem der staatlichen Beihilfestellen gerügt
Als Grund, warum das Landesamt seinem Prüfauftrag in keinster Weise nachgekommen ist oder nachkommen konnte, wurde bereits im Jahr 2008 vom bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) gerügt: Die Belegerfassung und -prüfung erfolge weitgehend ohne technische Hilfe, zudem fehle es an medizinischem Fachpersonal zur Beurteilung medizinischer Fragestellungen. Damals hat der ORH dringend empfohlen, eine spezielle Software zur Prüfung gebührenrechtlicher Regelwerke und Arzneimittel anzuschaffen und medizinisches Fachpersonal zu beschäftigen. Ansonsten sei es nicht möglich, sicherzustellen, dass nur medizinisch notwendige und angemessene Kosten erstattet werden. Dadurch könnten jährlich 20 bis 50 Millionen Euro eingespart werden.
Das bayerische Finanzministerium teilte zwar grundsätzlich die Auffassung des ORH, passiert ist dennoch wenig bis gar nichts. Das Landesamt für Finanzen ist, nach eigener Auskunft, immer noch nicht in der Lage, falsch gestellte Rechnungen zu erkennen. Offensichtlich wurde nach dem Bericht des ORH weder in eine geeignete Prüfsoftware investiert, noch entsprechendes Fachpersonal angestellt.
Dies ist also kein Versagen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern ein Versagen des bayerischen Finanzministeriums und damit des Finanzministers. Durch dessen Untätigkeit entstand für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler seit 2008 bis heute ein geschätzter Schaden von bis zu 300 Millionen Euro.
Auch die Augsburger Allgemeine berichtet zu diesem Thema.

 

Falschaussagen im Untersuchungsausschuss – Zeugen müssen noch mal kommen

Wuerzburg_Rosenbachpalais_GS_P1020149c

         Landesamt für Finanzen in Würzburg

Wie wir bereits am Freitag kommentiert haben, kam es in der 5. Sitzung des Untersuchungsausschusses Labor zu einem handfesten Skandal. Nach entsprechenden Hinweisen stellte sich heraus, dass die Vertreterin des Landesamtes für Finanzen, aber möglicherweise auch der Vertreter des Finanzministeriums, im Untersuchungsausschuss wohl nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte.
Nach Handelsblatt und ZDF Frontal 21 berichten heute auch die Süddeutsche Zeitung und das Magazin „Kontrovers“ des Bayerischen Rundfunks (heute Abend um 21 Uhr) über das umstrittene Verhalten des Landesamtes. Sowohl die privaten Krankenkassen als auch die Beihilfestellen wurden bereits im Jahr 2008 von der „SoKo Labor“ über das Abrechnungsbetrugssystem im Zusammenhang mit Speziallaborleistungen unterrichtet. Gehandelt haben nur wenige private Krankenkassen. Die staatlichen Beihilfestellen, die Steuergelder verwalten, blieben dagegen offenbar völlig untätig. Während beispielsweise die Allianz Private Krankenversicherung Rückforderungen an betrügerische Ärzte stellte, behauptet das Landesamt für Finanzen auch heute noch, dass sie keine „rechtliche Handhabe“ zur Kontrolle der ärztlichen Abrechnungen habe. Hier steht auch der Verdacht der Untreue zu Lasten der Allgemeinheit im Raum.
Zumindest tut sich jetzt etwas: Eine Arbeitsgruppe des Finanzministeriums soll nun das Abrechnungsverfahren optimieren.
Aber es wird noch viel Arbeit, auch des Untersuchungsausschusses, nötig sein, um eine lang geübte Betrugsmethode endgültig abzustellen. Wir werden weiter unter Hochdruck daran arbeiten, dass sich wirklich etwas an diesem die Patientinnen und Steuerzahler belastendem System ändert.
In diesem Sinne stürzen wir uns nun in ein hoffentlich fruchtbares Aktenstudium und wünschen Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr!